„Nicht nur in der pop-historischen Geschichte lässt sich ein Vorgang wiederholt feststellen: Für eine Stadt mag ein Zeitpunkt kommen, an dem sich die Gestirne wohlwollend positionieren, eine Welle der Inspiration hinein schwappt und sich ein Fenster öffnet, zur Welt, die neugierig die Entwicklung in dieser Stadt beobachtet und ihr Potential zu schätzen lernt. Das war für das Berlin der Achtziger so, in den Neunzigern etablierte sich Seattle als Herkunftsort für innovative Musik und in den jungen Jahren dieses Jahrtausends scheint die Gunst der Stunde bei Istanbul zu liegen. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es dieses durchweg friedliche Aufeinanderprallen morgen- und abendländischer Kultur und Geschichte und die Richtung weniger Plätze der Erde wird so von der Phantasie und Motivation der Jugend bestimmt, wie die der vielfältigen Szene Istanbuls. Das Kreuztanbul Festival leistet einen ungemeinen Beitrag mit dem Versuch, die Kreativität Istanbuls hier nicht einfach nur zu präsentieren, sondern Parallelen und Verbindungen zu den Entwicklungen in Berlin herzustellen und zu vertiefen. So wird sich wieder einmal herausstellen, wie viel wir voneinander lernen können. Als Kurator der Veranstaltung der diesjährigen Worldtronics Reihe im Haus der Kulturen der Welt war es mir ein besonderes Vergnügen, mich wieder einmal mit dem unglaublichen musikalischen Angebot Istanbuls zu beschäftigen und einige der interessantesten neuen Projekte und hier selten gesehener traditioneller Darbietungen vorstellen zu können und ich wünsche ihnen viel Spaß bei der angewandten Völkerverständigung.“ Alex Hacke

Batur Sönmez
Er ist ein Überzeugungstäter in Sachen Noise: Batur Sönmez aka Analog Suicide aka UHF. Der unermüdlich tourende Botschafter des Lärms steht für den klassischen analogen Verzerrkrach, den Harsh Noise. Sein Sound lässt sich vergleichen mit dem des Genrevaters Merzbow, ist aber insgesamt verhaltener. Sönmez präsentiert bei WORLDTRONICS sein Antarktika Project.

Proudpilot
Eine ähnliche Sogwirkung entfaltet die repetitive Rockmusik von Proudpilot. Statt Metal steht bei diesem Projekt das Darkwave-Genre Pate. Eine Art düsterer Postrock, den wir in dieser Form noch nicht gehört haben, und dessen Tiefe vor allem in der Bauchhöhle zu spüren ist.

Nekropsi
Dieser Gruppe gelingt es, großen Ideenreichtum aufs Äußerste zu komprimieren. Hypnotisch treibende Schleifen aus ungeraden Takten mit Metall-Anleihen entfalten eine magische Wirkung. Nekropsi sprechen, hauchen und stöhnen meist in ihrer Muttersprache, aber manchmal auch auf Deutsch. Dann heißt es: „Die neue Papa ist deutsch / er ist sogar bayerisch / Papa hat gesagt / dass er ein Panzer ist“.

Alexander Hacke / Brenna MacCrimmon
Alexander Hacke hat sich einen ebenso begeisterten Istanbulfan für seine Kooperation gesucht: Die Kanadierin Brenna MacCrimmon. Ihre persönliche Version orientalischer Musik pendelt zwischen Tradition und Psychedelik.

Whirling Dervishes
Die legendären Wirbelnden Derwische tanzen und drehen sich solange bis sie in Trance verfallen. Nach der sufistischen Symbolik wandern sie von Schwelle zu
Schwelle, um sich von der diesseitigen irdischen in die jenseitige göttliche Welt zu bewegen.