INTERFACE III: BEYROUTH - The Beirut of Education

18.-28. September 2008

@ Kulturbrauerei, Dock 11 und Haus 13/Pfefferberg

KONZEPT


Es ist die aufgeladene Symbolkraft des Namens, die dieser Stadt auch aus der Ferne, auch wenn man sonst nichts von ihr weiß, seit Jahrzehnten eine besondere Bedeutung verleiht. Die Gründe für diese Aufgeladenheit, diese Extreme zwischen Weltoffenheit und Bürgerkrieg, zwischen Toleranz und Religionsenge, zwischen Aufbruch und Einbruch, scheinen sich in die Arbeit der Künstler dieser Stadt, dieses Landes mehr eingeschrieben zu haben, als wir uns das vorstellen können. Daraus kann man lernen, daran kann man seine eigenen künstlerischen, gesellschaftspolitischen, ästhetischen Wahrnehmungen schärfen und zugleich Solidaritäten wachsen lassen.

Die Symbolkraft des Namens: Eine Generation im Westen ist damit aufgewachsen, vom Libanon als der prosperierenden Schweiz des Nahen Ostens zu hören. Für die Generation danach war Alles anders: Ende der 70er Jahre, die New York Times schreibt über das Katastrophale der Zustände des eigenen Bildungssystems und titelt „The Beirut of Education“. Der Name der Stadt war zum Synonym für Desaster geworden. Und als 2006 nach längerer Zeit wieder kurzfristig offener Krieg ausbricht, reagiert die nun dort lebende Generation von Künstlern sofort, wütend, verzweifelt, oder auch beides zusammen und sarkastisch wie der Zeichner und Musiker Mazen Kerbaj, auf dessen weblog folgender berühmt gewordener Eintrag zu einem downloadbaren mp3-file zu finden ist: „Starry Night, a minimalistic improvisation by Mazen Kerbaj / trumpet and the israeli air force / bombs. Recorded by Mazen Kerbaj on the balcony of his flat in Beirut, on the night of 15th to 16th of July 2006”.

BEYROUTH: The Beirut of Education will in Achtung vor der Arbeit der dort lebenden und arbeitenden Künstlerinnen und Künstler und auch vor der Arbeit jener, die am Aufbau von Infrastruktur für Kultur und Kunst arbeiten, das böse Diktum vom Beirut of Education umdeuten in jene Education für uns, in jenes Lernen von den Künstlern dieser Stadt, das uns deren Kunst ermöglicht.

Sich mit der radikalen Arbeit von Künstlern aus dieser Stadt auseinander zu setzen, diese Arbeit in andere Städte zu holen, in Beziehung zur Arbeit in anderen Städten zu setzen, folgt primär künstlerischen Interessen, Neugierden, Zielen. Aber die Arbeit dieser Künstler ist per se so aufgeladen mit einer Direktheit von sich widerspiegelnden Lebensumständen, dass es daraus mehr und anderes abzulesen, letztlich eben zu lernen gibt, als einfach nur “Kunst” oder “Musik” zu erfahren.

ZUM PROGRAMM


Ob nun die äußerst aktiven, weltoffenen und selbstbewussten freien Improvisatoren der Stadt rund um MILL, mit ihrem Festival Irtijal und ihrem Label Al Maslakh oder ganz andere Musikszenen, wie die Rapper des Rayess Bek Orchestras oder die Werke der Komponisten aus dem Libanon und benachbarten Ländern, europäisch-libanesische Improvisationen oder der Diskurs "...as seen from the middle of east...“ mit eingeladenen Künstlern und Musikern aus Beirut und Berlin, oder auch Musiker, die im kritischen Wiederaufgreifen alter Musiziertraditionen Haltung und Selbstverständnis suchen, wie Fadia Tomb El-Hage oder das Khoury Trio: dass Kunst und Leben nicht zu trennen sind, dass Kunst immer auch etwas vom Leben will, so wie das Leben etwas von der Kunst will, das mag, wenn die Präsentation wie in diesem Projekt das nicht verheimlicht, sondern betont, das mag westliches Publikum irritieren, herausfordern, beglücken, aufklären, solidarisieren – und was könnte Kunst Besseres wollen.


Das Festival präsentiert nicht nur eine künstlerische Vielfalt zwischen diesen Kulturen, wie sie in Berlin noch nicht zu sehen war, sondern stellt eigens für das Festival initiierte Kooperationsprojekte zwischen Musikern aus Beirut, Berlin, Deutschland und Europa vor.

Stand: August 2008

Konzept/Programm: Elke Moltrecht

Produziert in Kooperation mit Piranha Events

PR/Öffentlichkeitsarbeit Frank Klaffs